Saturday, July 11, 2009

Sackgasse Ethanol

Schweden ist Weltmeister im Anteil von Umweltautos ("Miljöbilar") - nach eigener Definition. Leider ist die Realität nicht ganz so euphorisch zu sehen.
Unter Miljöbil - für den Ankauf gab es bis zum 30. Juni 10.000 Kronen, entspricht knapp 1000 €, Prämie - fallen einerseits Fahrzeuge, die weniger als 120g CO2 pro Kilometer ausstoßen, andererseits aber auch alle Ethanols (E85) Fahrzeuge und auch fast alle Erdgasautos.

120g CO2 pro Kilometer wäre halbwegs ok, das sind 4,5 Liter Diesel oder 5 Liter Benzin pro 100 Kilometer, in der Praxis entfällt der absolut größte Teil der neugekauften "Umweltautos" in die Kategorie Ethanol-Fahrzeuge.
Das hat nicht nur den entscheidenden Nachteil, dass man diese Autos zwar mit Ethanol fahren kann, aber keineswegs muss, die wirklichen Probleme wiegen noch deutlich schwerer.

Zum einen wurde damit ein Reservat für Treibstofffresser geschaffen, die 7-10 Liter verbrauchen und das mit Öko- bzw. Klimaschutz-Mascherl. Nicht ganz zufällig hier im Norden, da ja die kriselnde schwedische Auto-Industrie de facto nur große und sehr große Autos mit hohen Verbräuchen baut.

Zum anderen ist Ethanol, wie die meisten Agrotreibstoffe, an sich eine absolute Sackgasse, die nachhaltige Verkehrspolitik aufhält und die Lebenszeit von nicht mehr zeitgemäßen Fahrzeugen und Fortbewegungsarten verlängert.
Auch Schweden bezieht wie alle europäischen Länder seine Agrotreibstoffe, in diesem Fall und derzeit eben v.a. Ethanol zu über 90 % aus dem Ausland, Brasilien und China an der Spitze der Herkunftsländer.

Über die sozialen und ökologischen Folgen des Agrotreibstoffbooms könnte man viele Blogs schreiben. Ich empfehle zum Einlesen z.B. bei SwissAid: http://www.swissaid.ch/global/PDF/entwicklungspolitik/agrotreibstoffe/Position_Agrotreibstoffe_2009.pdf.

Einen draufgesetzt hat man vor kurzem indem der Verband der schwedischen Umweltautomobilisten - so ähnlich würde ich das übersetzen - einen Riesenkombi mit 7,5 Liter Ethanol-Verbrauch zum besten Umweltauto gekührt hat.

Das Problem ist, dass Schweden an sich ein Problem mit seinem Flottenverbrauch hat. Der ist der höchste in der ganzen EU und liegt 20 % über dem EU-Durchschnitt. Wie gesagt -ein Blick auf die Modellpalette der schwedischen Hersteller sagt warum.

Positives zum Schluss: Bezüglich Disziplin und Sicherheit ist es hier für den gelernten Österreicher ein Traum. 90 im Freiland, 110 auf Autobahnen und 98 % halten sich dran. Das reduziert zumindest auch den Verbrauch. 1-10 km/h Überschreitung kostet 1000 Kronen (100 €) Mindeststrafe und bei über 50 in einer 30-Zone ist der Führerschein für ein paar Monate weg. Verglichen mit den Zuständen in Österreich oder gar dem religiösen Festhalten der Deutschen an den tempolimitfreien Autobahnen, wo der Mann noch ein echter Mann sein kann ... eine echter Zivilisationsfortschritt.

Eines hab´ ich noch: Nach so viel Autozentriertheit: Von Wien nach Jokkmokk mit dem Zug geht gar nicht so schlecht: 2 Nächte und der Tag dazwischen. In Summe 38 Stunden mit nur 3x Umsteigen. Am ersten Abend von Wien nach Nürnberg, dann Nachtzug nach Kopenhagen, tagsüber nach Stockholm, zweiter Nachtzug Stockholm - Murjek, am zweiten Morgen ist man schon da. oebb.at liefert die direkte Verbindung umgehend. Grattis ÖBB!

Wenn es jemand ausprobieren will - stehe gerne für Reiseplanungsunterstützung zur Verfügung!

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