Friday, June 26, 2009

Subarktischer Sommer

Fast nichts ist schwerer als mit einem Blog anzufangen, schließlich sollte man sich ja auch irgendwie vorstellen.
Ich heiße Wolfgang Mehl, habe rund 15 Jahre im Klimaschutz in Österreich gearbeitet, Klimabündnis Österreich in der Zeit aufgebaut und lebe nun mehr seit April genau am Polarkreis im sehr kleinen (EinwohnerInnen-Zahl 5400) bzw. sehr großen (Fläche 18.000 km2, das ist ziemlich genau Niederösterreich, NÖ hat zum Vergleich über 500 Gemeinden) Jokkmokk. Auch hier übrigens mit verschiedenen Klimaschutz und Energieprojekten beschäftigt.

Jokkmokk hat die größten Anteil an Nationalparks aller schwedischen Gemeinden (u.a. Sarek und Padjelanta) und produziert einen beachtliche Teil des schwedischen Stromes. Vattenfall was here, hat ordentlich gebaut und ist auch noch immer hier, rund 500 Menschen in der Gemeinde arbeiten direkt für Vattenfall, noch mehr indirekt.

Interessant in diesem Zusammenhang, dass die schwedische Stromproduktion, nach offizieller Definition jedenfalls, komplett "klimaneutral" ist. Ziemlich genau die Hälfte kommt aus
Wasserkraft. Bis auf 4 so genannte Nationalälven (national geschützte Flüsse) wurde seit den 50er-Jahren das gesamte System der von Nordwest nach Südost zur Ostsee verlaufenden Flusssysteme zur Energieproduktion umfassend erschlossen. Jokkmokk hatte in den 60er-Jahren vor allem wegen der Kraftwerksbauten ca. 2,5 mal so viel EinwohnerInnen wie heute.

Die andere Hälfte der Stromproduktion kommt übrigens aus Atomkraft. Die Einstellungen der schwedischen Bevölkerung zu Klimaschutz und Nuklearenergie ist, wenn man aus Österreich kommt, jedenfalls vorsichtig gesagt überraschend. Die Sorge vor den Auswirkungen des Klimawandels ist so groß, dass dafür die Nutzung von Kernenergie als kleineres Übel in Kauf genommen wird.
Entsprechend hat die derzeitige konservative schwedische 4-Parteien Regierungskoalition im heurigen Frühjahr auch einen Ausstieg aus dem Nuklearausstieg beschlossen und weiß laut Umfragen 2 Drittel der Bevölkerung hinter sich.

Gerade jetzt ist jedenfalls ordentlich regionale Klimaerwärmung angesagt. Direkt am Polarkreis gibt es seit Tagen ausschließlich strahlenden Sonnenschein, die Temperaturen haben 25 Grad überschritten und nähern sich selbst hier im Inland der 30-Grad-Grenze.

Ein wenig zur Auswirkung des Klimawandels auf die traditionelle Rentierzucht der Samischen indigenen Bevölkerung hier - Jokkmokk ist auch das größte Samische Zentrum in Schweden - im nächsten Blog.

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