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Saturday, February 16, 2008

What goes up, must come down

Als ich kurz nach dem Jahreswechsel Kathmandu, der Hauptstadt Nepals, zum ersten Mal einen Besuch abstattete, musste ich ein paarmal an Ikarus denken. Dieser Sprössling der griechischen Mythologie hat es beim Höhenflug mit seinen wächsernen Flügeln übertrieben und ist der Solarenergie zum Opfer gefallen. Nicht dass Sonnenkraftwerke ein herausragendes Merkmal des Himalaya-Staates sind. Vielmehr war es die Tragik der Geschichte, die mich zu diesen Gedanken verleitet hat.

Angefangen hat alles mit einem riesigen Boiler und einer Badewanne in Thamel, dem Backpacker-Tummelplatz. Eine Badewanne sehe ich in Indien selten und auch heißes Wasser ist keine Selbstverständlichkeit in Hostels. Als ich nach zwei Tagen im Guesthouse in die Wohnung eines Bekannten übersiedeln, ist es auch schon wieder vorbei mit dem Luxus. Viele Haushalte in Nepal erwärmen ihr Wasser mit Solarpanels auf dem Dach. Im Sommer mag das funktionieren, während meines Besuches blieb das Wasser kalt. “Das ist wohl eine Sache der Gewohnheit”, sage ich zu meinem Gastgeber. Dieser erklärt, dass in Nepal ein tägliches Vollbad nicht üblich sei, schließlich sei Wasser kostbar. Zwar werde es kostenfrei in die Leitung gespeist, aber eben nicht so regelmäßig wie sich das der Vorstadtbürger wünscht. Und wenn der Tank auf dem Dach leer ist, muss man gegebenenfalls einen Tankwagen kommen lassen – und das ist teuer. Also ist die Devise: Sparsamkeit. Eine angenehme Erfahrung, wenn auch unerwartet für einen Reisenden, der gerade aus einem Land der ständig nassen Badezimmerböden kommt.

Am Nachmittag fällt der Strom aus. “Powercut”, erklärt mir der Hausherr, “verordnet von der Regierung, täglich sechs Stunden.” Ohne Strom von drei am Nachmittag bis neun am Abend, das ist hart für einen West-Europäer. Bedingt durch die politischen Unruhen während der letzten Jahre habe man viel wertvolle Zeit beim Ausbau der Wasserkraftwerke verloren. Nun müsse man den Preis dafür zahlen. Es bleibe zu hoffen, dass nach der Bildung einer Regierung endlich wieder etwas getan werde, um dem stetig wachsenden Energiebedarf Rechnung zu tragen.

Am nächsten Morgen bietet die Innenstadt ein unerwartetes Bild. Viele Straßen sind blockiert, Barrikaden aus Holz und Autoreifen brennen. Am Rande der zentralen Grünfläche haben sich mehrere Hundert Menschen zu einer Demonstration versammelt, ein Redner addressiert leidenschaftlich die Menge. Am Rande der Veranstaltung stehen Hundertschaften geharnischter Polizisten bereit. Ein Demonstrant erklärt mir, dass die Regierung eine Erhöhung der Brennstoffpreise angeordnet habe, und dass man sich dass keinesfalls gefallen lassen werde. Der Preisanstieg beträgt ca. zehn Prozent für Diesel, Kerosin und Haushalts-Gas, erfahre ich aus der Zeitung.

Den darauf folgenden Tag verbringe ich im Appartment mit Lesen. Es ist Generalstreik. Keine Privatfahrzeuge, keine Taxis und Busse, nur Krankenwagen und Polizeiautos sind erlaubt. Im Himal -Magazin stoße ich auf einen hervorragenden Artikel zum Klimawandel. Die Szenarien sind düster und was man an Fluten in Südasien in den letzten Jahren erlebt habe, sei nur ein Anfang. Vorhersagbarkeit und Intensität des Monsuns werde immer wechselhafter. Zusätzlich würden bedingt durch die Gletscherschmelze im Himalaya immer gewaltigere Wassermassen aus dem Hochgebirge gen Tal strömen. Wenn die Schmelze ihren Höhepunkt erreicht hat, so die nicht wirklich gute Nachricht, werde diese Gefahr abgelöst von Zeiten der Dürre. Heute mächtige Ströme wie Brahmaputra, Ganges und Indus würden dann nur noch während der Regenzeit Wasser führen, den Rest des Jahres glichen sie eher Rinnsalen. Das alles im bevölkerungsreichsten Gebiet der Erde. Im Sommer 2007 waren mehr als 20 Millionen Menschen von verheerendem Hochwasser betroffen. Im gleichen Gebiet mussten im November geschätzte 27 Millionen Menschen – viele zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres – unter den Auswirkungen des Zyklons Sidr leiden.

Nach dem Generalstreik hat die Regierung die Treibstoffpreis-Erhöhung vorerst zurück genommen. Ob die geplanten Wasserkraftwerke in der Lage sind, den zu erwartenden Zuwächsen im Schmelzwasser standzuhalten, ist Expertenstreit. Ob ihnen bis zum Ende ihrer wirtschaftlichen Amortisierung genug Liquidität zur Verfügung steht, ist Ökonomie. Ob Badewannen und Elektro-Boiler den Reisenden ein realistisches Bild der Lage im Land vermitteln, ist fraglich. Dass Wasser und Energie irgendwann noch wertvoller und teurer werden, steht außer Frage.


Wednesday, November 14, 2007

Nächster Halt: Malda

Fast sieben Stunden lang haben wir uns im Linienbus von Siliguri ins 270 km entfernte Malda durchschütteln lassen. Die Strasse hat schwer gelitten unter dem Hochwasser, das im Sommer weite Teile Ostindiens heimgesucht hatte. An einer beschädigten Brücke, die nur noch die Belastung von einem Fahrzeug pro Überquerung aushält, haben wir 488 LKW gezählt. Mit dem Zählen hatten wir erst nach einigen Minuten Fahrt entlang dem Stau angefangen. Es müssen wohl weit über 700 gewesen sein.

Am nächsten Abend sitzen wir in gemütlicher Runde vor dem Hotel, als ein Bus auf das Grundstück einbiegt. Eigentlich nicht ungewöhnlich, hätte der Bus nicht ein belgisches Kennzeichen. Als die Tür geöffnet wird steigen 16 Menschen weißer Hautfarbe aus, es ist definitiv kein Asiate darunter. Des Rätsels Lösung: Die britische Agentur OzBus bietet die Extrem-Alternative zum Fliegen an. Einen regulären Linienbus-Service zwischen London und Sydney – und zurück. 10.000 Meilen, über 16.000 km. Ganz gemütlich Überland – von England nach Frankreich, weiter über Deutschland, Tschechien, Österreich, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, die Türkei, den Iran, Pakistan nach Indien – bis nach Malda eben.

Seit 9 Wochen seien sie bereits unterwegs, teilt mir ein junger Mann namens Scooby mit. Oder waren es nur acht – er weiß es nicht mehr so genau. Die Reisenden zeichnen sich nicht gerade aus durch Mitteilungsdrang – vielleicht sind sie zu müde, vielleicht haben sie schon zuviele (und vermutlich immer die gleichen) Fragen beantworten müssen. Das Essen bestellen sie sich auf ihr Zimmer – mit Ausnahme eines Mannes, der etwas abseits im Restaurant in einen Roman vertieft ist. Und Marcus, dem Reiseleiter. Ihm war am Vorabend bei den Feierlichkeiten zu Diwali, dem großen indischen Fest, ein Feuerwerkskörper in der Hand explodiert und hat eine üble Brandblase hinterlassen. Die Tatsache, dass ich in Begleitung einer Krankenpflegerin reise, versichert uns seiner Gesellschaft beim Abendessen.

Der Trip findet erst zum zweiten Mal statt – die letzte Gruppe habe eine Woche Vorsprung, erzählt er. Er selbst genieße die Reise sehr und es wird auch nicht seine letzte sein. Was ist schon dabei einige Monate (vielleicht Jahre) seines Lebens in einem Linienbus zu verbringen. Die Reisegruppe rekrutiert sich ausschließlich aus dem angelsächsischen Raum – 50 Prozent Briten, ein Drittel Iren und der Rest “Aussies” und “Kiwis”. Die ganze Fahrt habe bisher super geklappt, die Stimmung im Bus sei gut – nur ein Mitfahrer habe unterwegs aufgegeben.

Die Reise wird immer wieder für ein paar Tage zum Sightseeing unterbrochen. Gerade war die Truppe für zwei Tage in Darjeeling – mit einem Jeep, weil das einfacher ist den Berg hoch. Ein Teil der Gruppe ist schon in Kadmandu ausgestiegen und wird auf anderem Weg nach Kalkutta nachkommen (ob sie die Extremität der Reise durch einen Kontinentalflug abschwächen vermag er nicht zu sagen, das sei deren Ding). Ohnehin sei zumindest bei dieser Fahrt nicht ohne Flug auszukommen. Die eigentlich geplante Route über Tibet/China und Laos nach Thailand musste gestrichen werden, weil die Pass-Straßen zu eng für den Bus seien. Mein Begleiter, ein Reiseveranstalter mit Spezialgebiet Nordost-Indien, schlägt die Alternativroute über das Brahmaputra-Tal, Manipur und Birma/Myanmar vor. Marcus macht sich fleißig Notizen und ist ganz aufgeregt, diese guten Nachrichten (es geht also doch!) seinem Chef zu übermitteln.

Für diesen Trip heißt die Route Kalkutta-Bangkok per Flugzeug, von wo aus es mit einem anderen Bus weitergeht über Malaysia, Indonesien, Ost-Timor nach Australien – wenn nichts dazwischenkommt.

Marcus wird von Kalkutta aus mit dem Bus zurückfahren nach England. Ob er unserer Einladung nach Siliguri folgen wird, bleibt abzuwarten. Es gäbe genug Gesprächsstoff für mehrere Abendessen.

Katharina, wirst du jetzt deinen Rückflug stornieren?

Friday, October 5, 2007

Eingefleischte Vegetarier

01. Oktober 2007

Die e-Mail einer Freundin informiert mich, dass Welt-Vegetariertag ist. Ein Link verweist auf die Website der Schweizerischen Vereinigung für Vegetarismus. Appetitanregend wirkt auf mich die Querverbindung zum Klimaschutz. Die hinterlegte Internetseite präsentiert Statements zu den klimatischen Auswirkungen des Fleischkonsums:

“Gemäss dem neuen Bericht der Ernährungs- und Agrarorganisation der Vereinten Nationen (FAO) erzeugt der Nutztiersektor mehr Treibhausgase, gemessen in CO2-Equivalente – 18 Prozent – als das Transportwesen. Er ist ebenfalls eine grosse Quelle für Bodenerosion und Wasserverschmutzung.”

Pete Hodgson, der Neuseeländische Minister für Energie, Wissenschaft und Fischerei wird zitiert:
“Eine Tonne Methan, das wichtigste Treibhausgas in der Landwirtschaft, hat denselben Effekt auf die globale Klimaerwärmung wie 23 Tonnen Kohlendioxid (CO2). Eine Milchkuh produziert jährlich 75 kg Methan, was über 1,5 Tonnen Kohlendioxid entspricht. Natürlich verhält sich die Kuh dabei ganz natürlich. Aber es scheint so, dass die Menschen dabei vergessen, dass die Landwirtschaft ein Industriezweig ist. Wir ebnen das Land, säen Weideland, züchten Nutztiere und so weiter. Es ist ein von Menschen gemachtes Geschäft, nicht etwas natürliches. Darin sind wir sehr gut, deshalb stieg die Methangasemission um 150 Prozent in den vergangenen 250 Jahren, während die Kohlendioxidkonzentration nur um 30 Prozent angestiegen ist.”

Und laut New Scientist vom 18. Juni 2007 ist
“Ein Kilogramm Rindfleisch [...]ist verantwortlich für mehr Treibhausgasemmissionen und andere Schadstoffe als eine 3-stündige Autofahrt während man alle Lichter zu Hause brennen lässt.”

Die Vegetarier stellen die Frage, warum diese Fakten in der internationalen Klimadebatte ignoriert werden.

Nun ist Indien, mein momentaner Aufenthaltsort, ein Land, in dem Kühe als heilig gelten. Die Liebe zum Paarhufer geht hier soweit, dass vor einigen Jahren die Indische Regierung sogar ein totales Verbot der Kuh-Schlachtung einführen wollte. (siehe Artikel in BBC South Asia). Am Mittag treffe ich Sujan Chatterjee, einen renommierten Vogelkundler aus Kalkutta. Als unser Small-Talk auf das Thema Welt-Vegetariertag kommt, fängt Sujan an zu schmunzeln. Seiner Meinung nach sei das Gebot kein Rindfleisch zu essen ein Disaster, weil herumstreunende Rinder maßgeblich zur Schädigung von Waldgebieten beitrügen. Er erzählt eine Anekdote, die sich während eines Treffens mit einem hohen Schutzgebiets-Offizier zugetragen hat. Sujan: “Sir, I suppose there must be more than 1 lakh (d.h. 100.000) cows living in the Tiger Reserve.” Der Offizier erwidert ironisch: ”Excuse me, Sir, but unfortunately I have to correct you. It must be more than 2 lakhs.”

Diese Zahl ist übertrieben, dennoch kann Indien eindrucksvolle Zahlen bzgl. der Hörnertiere vorwiesen. Im Jahr 2003 beherbergte das Land 185,2 Millionen Kühe, hinzu kamen 97,9 Millionen Büffel (siehe National Dairy Development Board) Die Statistik lässt offen, ob diese Zahlen nur die Nutztiere oder auch freilaufende Wiederkäuer beinhalten – andere Schätzungen gehen von bis zu 400 Millionen Tieren aus. Bei einer Gesamtbevölkerung von über 1 Milliarde Menschen ist es verständlich, dass Indien viele Kühe als Milchlieferanten und Büffel als Arbeitstiere benötigt. Eine Quote von fünf Menschen auf eine Kuh ist aber bedenklich. Ebenso ein “Aussetzen” der Tiere, sobald sie unproduktiv geworden sind – ob aus religiösen Gründen, oder bedingt durch ein Schlachtverbot.
Die Landesfläche Indiens ist zu über 23 Prozent bewaldet. Das Drama sind laut Sujan die herumstreunenden Tiere, die auch vor den derzeit 597 Schutzgebieten nicht halt machen. Eine Studie (siehe Biodiversity Conservation through Ecodevelopment) verdeutlicht die Situation im Palamau Tiger Reserve im Bundesstaat Jharkhand: In der Pufferzone des Parks weiden 43.000 Kühe, 677 weitere in der Kernzone.

Der Sachverhalt ist komplex. In einigen (Schutz-)Gebieten wie dem Keoladeo Ghana National Park in Bharatpur, Rajasthan oder den Bergwiesen in einigen Teilen des Himalaya tragen die Nutztiere zum Erhalt der Landschaft bei. In anderen Regionen steht die Artenvielfalt – darunter auch einige “Flagship species” – durch die herumstreunenden Haustiere unter großem Druck.
Die Pastoralwirtschaft ist in manchen Gebieten und Gesellschaftsgruppen die traditionelle Einkommensquelle, sodass auch soziale und wirtschaftliche Hintergründe berücksichtigt werden müssen. Eine Generalisierung der Thematik ist folglich problematisch. “Wichtig ist vielmehr ein lokalspezifischer Ansatz”, so die Forderung des Chefredakteurs des indischen Magazins “Protected Area Update”, Pankaj Sekhsaria.
Für Palamau schlägt die Studie ein kontrolliertes Weiden innerhalb des Park, jedoch außerhalb der Kernzone vor. Zudem sei die Verbreitung alternativer Futterquellen und die Schaffung von Alternativeinkommen anzuraten. Wie aber schafft man Alternativeinkommen in der Umgebung von Schutzgebieten? Vielleicht bietet Tourismus hier eine Möglichkeit.

Ich bin vorerst ratlos, ob ich die ausgezeichnete vegetarische Küche Indiens unterstützen werde, oder wann immer möglich Rindfleisch konsumiere. Eines ist aber klar – ob man nun die indischen
Avantgarde-Forderung "Esst mehr Fleisch" oder den westlich-europäischen Ansatz "Esst weniger Fleisch" verfolgt: Der methanfreisetzende Viehbestand muss weniger werden!

Tuesday, September 25, 2007

Monsun in Kalkutta und den Sunderbans

Als respect mich letzte Woche fragte, ob ich von meinen Eindrücken und Erfahrungen bzgl. Klimawandel im LOG Book berichten möchte, habe ich zurückhaltend reagiert. Ich bin erst vorigen Mittwoch in Kalkutta angekommen und ich war mir nicht sicher, ob meine Arbeit und die notwendige Sozialisierung mir genügend Freiraum lassen würden. Zu diesem Zeitpunkt bot mir die Hauptstadt des indischen Bundesstaates West-Bengalens jedoch noch gewohnte Eindrücke: die mittagliche Hitze, das bunte und geräuschvolle Treiben auf den Straßen, der Verkehr und ab und an ein Regenschauer.

Nach dreitägigen Regenfällen wateten aber gestern abend Menschen vor meiner Haustür durch knietiefes Wasser (siehe Artikel im Telegraph). Man kennt diese Bilder aus Kalkutta und für viele Leute hier schien es nicht so spektakulär zu sein wie für mich. Ob es ein Resultat des Klimawandels ist, oder ob eher das marode Kanalisationssystem verantwortlich ist, meine Neugier geweckt: Was ist dran am Klimawandel?

Ich heiße Marcus Bauer und bin derzeit für den indischen Reiseveranstalter und Consultant Help Tourism tätig. Daneben fröhne ich meiner journalistischen Ader mit Wort und Bild. Nach einem mehrmonatigen Praktikum bei respect in Wien und einem Forschungsaufenthalt in Indien, habe ich Mitte diesen Jahres mein Masterstudium Nachhaltiger Tourismus abgeschlossen.

Letzte Woche war das Boot zweier Bekannter in den Sunderbans im Sturm leckgeschlagen und beinahe gekentert. Die Jungs hatten sich durch jahrelange Beschäftigung im Team eines Tourismusprojektes genug Geld zusammengespart, um sich mit einem Boot selbständig zu machen. Transfers und Cruises in den Nationalpark wollten sie anbieten. Jetzt sind sie gerade nochmal mit einem blauen Auge davongekommen und können weiter an der Verwirklichung ihres Traumes arbeiten. Am Tag darauf erhalte ich wieder Berichte von drei gekenterten Booten. Meine Kollegen erachten das nicht als ungewöhnlich für diese Jahreszeit und die Region. In den Sunderbans, größter Mangrovenwald der Welt im weltweit größten Flussdelta, ist Klimawandel momentan das Thema. Zwei Inseln sind angeblich schon verschwunden (siehe Artikel BBC News). Es wird viel geschrieben, geforscht und große Umwelt-NGOs geben sich die Klinke in die Hand. Inwieweit Klimawandel auch für die lokale Bevölkerung ein Thema ist, hoffe ich bald bei einem persönlichen Besuch herauszufinden.

Über seine Eindrücke bzgl. Klimawandel in Kalkutta, ca. 150 km nördlich der Sunderbans gelegen, hat mir heute morgen der 65-jährige Partha De Sarkar, ein Offizier der Indischen Airforce im Ruhestand, berichtet. Früher habe es einen permanenten Winterregen von ca. 6 Wochen gegeben. Er erinnert sich an abgesagte Cricket-Spiele in Eden Garden. Heute sei dieser dauerhafte Regen faktisch verschwunden. Auch der Monsun als durchgehende Jahreszeit sei nicht mehr da. Heute regne es eine Woche, danach sei es wieder trocken, worauf wieder Regen folgt. Regenfälle gebe es nur noch bei Tiefdruckgebieten. Diese hätten zwar früher den Monsun eingeläutet, er habe aber danach auch bei Hochdruck angehalten. Auch sei der Winter wärmer geworden. Temperaturen von 5 Grad Celsius hätte er schon lange nicht mehr erlebt, ebenso wenig einen Pullover benötigt. Statt Kälte bestünde der Winter heute nur noch aus dickem Nebel. Das ganze Klimamuster habe sich verändert. Auf den immer trockener werdenden Sommer folge ein unbedeutender Winter, darauf wieder der Sommer.

Marcus Bauer

Kalkutta, 25. September 2007